1. Leid – die Kehrseite des Glücks.
„Gott gibt und nimmt“ – sagt Hiob. Es ist für uns nicht ersichtlich welchen Plan Gott mit dem Nehmen und Geben hat. Fakt ist jedoch, dass es ein Glück im Unglück und ein Unglück im Glück gibt. Natürlich wünscht sich jeder nur Glück. Aber wir können nicht das Eine ohne das andere haben. Warum? Weil alles im Universum seinen Preis hat. Und das Schlaraffenland ist ein Märchen! Das Böse wird nur überwunden mit Gutem. Aber das Gute gerät dabei an den Rand der eigenen Vernichtung!
Erst wenn das Böse sich ausgetobt hat, wird das Gute auferstehen zu neuer Blüte! Der Gedanke, dass Gott einmal Rechenschaft von uns fordert über alles, was er uns gegeben hat, intensiviert unsere Dankbarkeit dafür, was wir jetzt haben… Da wir uns selbst nicht erschaffen haben, gilt, dass auch unser Leib, durch den wir Leben nur auf Zeit „geliehen“ ist! Wenn wir nicht uns selbst gehören (1.Korinther 6,19), sind wir Verwalter, max. „Besitzer“ von Leben, nie aber absolute „Eigentümer„, ohne uns letztlich am Leben (insbesondere dem „eigenen“) zu „vergreifen“.
Der Versuch sich Selbst an sich selbst festhalten, führt zu narzistischen Neurotizismen. Wir bleiben lebenslänglich „Suchende“ nach Selbstentfaltung.
Paradoxerweise sind wir dann am Glücklichsten, wenn wir selbstvergessen aufgehen in dem was wir gerade tun – für einen anderen, für einen höheren Zweck, für eine größere Sache. (Flowerleben)
2. Leid – eine Tatsache
Die Frage nach der Ursache von Unrecht, Bösem, Leid und Schmerz ist müßig. Wir werden in der Regel keine befriedigende Antwort erhalten. Deshalb gibt Gott auch keine Antwort auf die Frage nach der Ursache des Bösen. Allzu leicht wird daraus die Frage nach Schuld und Verwantwortung. Wenn Schuld im Spiel ist, braucht es Vergebung, andernfalls droht Strafe. Aber bei ungerechtfertigtem Leid ist Geduld erforderlich, Gott besser kennen zu lernen. Paradoxerweise enthält auch das größte Leid noch einen Segen für uns. Hiob z.B. wurde von Gott bewahrt. Gott setzt dem Bösen eine Grenze, ist gnädig (Hiob 1,12, 2,6). Deshalb ist allein die Frage nach dem Zweck sinnstiftend. Das Leid tragen um Gottes willen, enthält eine Verheißung (Matthäus 5,10; Jak.5,11; 1.Petrus 3,14). Wer überwindet, wer Resilienz zeigt, erhält einen Ausgleich, wenn er sich nicht selbst rächt. Wenn er ungerechtfertigt leidet. Wenn er wartet, bis das Böse gerichtet wird. Wenn er durch Leiden sensibilisiert, Gottes Wesen tiefer erkennt, der uns nahe kommen, begegnen und in uns Wohnung nehmen will trotz Leid und allem Leid zum Trotz.
Doch genau das fällt Hiob schwer. (Wem würde es schon leicht fallen?) Dass er dieses „geschickte“ Leidschicksal nur schwer annehmen kann davon zeugt der Großteil seiner Reden. Verschlimmert es seine Leiden? Nur indirekt, weil seine Freunde die Klagen Hiobs als offenen Affront und Gotteslästerung interpretieren. Nicht weil Hiob Sünder war litt er, sondern gerade weil er so vorbildlich lebte! Er litt, weil er gerecht war! Jawohl der Gerechte wird viel (grundlos aber nicht sinnlos) leiden – aber aus dem allen rettet ihn der Herr (Psalm 34,20)
3. Leid – kein Instrument
Leid darf weder als gottgewollt legitimiert noch instrumentalisiert werden. Hiobs Freunde erfuhren eine deutliche Absage Gottes für ihre Konstruktionen! Gott lässt Leid zu, aber er hat keinen Gefallen daran. Leiden mögen bis zu einem gewissen Grad einige Menschen, sensibler, menschlicher und nachsichtiger werden lassen… aber oft drückt es nur nieder und viele verbittern… Leid ist kein geheiligtes Mittel zu einem rettenden Zweck… Nicht das eines Hiobs – nur das eines Gottes, der selbst Menschengestalt annimmt um dieses auf sich zu nehmen in jesus Christus. Instrumentalisiertes Leid verdoppelt den Schmerz! Nur durch unsere freiwillige, persönliche Zustimmung, wird Leid zu einer Chance für uns. Es kann nicht verordnet werden um zum Guten zu dienen! Leid ist kein Instrument Gottes oder der Evolution in einem übergeordneten Erziehungsplan.
Leid und Gewalt darf erst recht kein Mittel von Menschen sein, um uns oder andere „besser“ zu machen. Aber Gott oder die Evolution oder Menschen wirken zusammen, damit aus ungeplantem Leid das Beste entsteht.
4. Leid – verbindet mit Gott
Gott zeigt Hiob die Unergründlichkeit und Unerforschlichkeit der Gesamtwirklichkeit. Das hilft die Beschränkung auf unser Ich zu überwinden. Leid macht nämlich schrecklich egozentrisch. Alles dreht sich um einen selbst. Indem Gott Hiob die Größe des Universums zeigt, hilft er ihm, diese Egozentrik zu überwinden und die quälenden Fragen nach Ursache und Sinn des Leids in jenem großen Geheimnis zu versenken, das wir Gott nennen. Die quälenden Fragen nach Sinn und Unsinn, Ursache und Lösung bleiben unsicher und letztlich sind wir gefordert uns zu entscheiden, welchen Gott wir haben wollen. Einen Gott, der mit uns unser Leid teilt und uns im Leid nahe ist? So stellt er sich in der Bibel dar. Gott spricht zum Menschen in seinem Leid – Der Staubgeborene Sterbliche erfährt: Gott steht mir zur Seite, er ist mir nahe, er tröstet mich, er ist barmherzig und gnädig. Gott erklärt Hiob nicht sein Leid. Er sagt nichts von seiner Auseinandersetzung mit dem Bösen. Auch nicht woher der Böse kommt. Gott gibt Hiobs Freunden Unrecht. Sie haben nicht so vor Gott geredet, wie man vor ihm reden soll. Hiob hat Gott nichts länger vorzuwerfen – trotz all seiner Klagen und Anklagen.
Nicht nur Hiob (gegenüber seinen Freunden), vor allem Gott behält recht. Die Fragestellung des Experiments war, ob die Beziehung zu Gott für einen Menschen nur wertvoll ist, wenn sie dem Menschen nützlich und segensreich erscheint. Hiob bekennt: Eine persönliche Beziehung zu Gott ist in sich wertvoll – unabhängig davon, ob es ihm gut geht oder nicht. Er hat diese Überzeugung gegen seine Freunde festgehalten. Die Freunde unterwarfen das Verhältnis zu Gott einer Kosten-Nutzen-Rechnung von Schuld und Vergeltung. Hiob aber hält an Gott unabhängig von dieser Rechnung fest, weil die Beziehung zu ihm ein Wert in sich ist – wichtiger als Leben und Tod. Er sagt auf einem der Höhepunkte seiner Klagen: „Und ist meine Haut noch so zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden, so werde ich doch Gott sehen. Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust“ (Hiob 19,26f).
Jesu Verkündigung vom Reich Gottes enthält die erste Botschaft: Leiden ist zwar ein Faktum, aber zugleich die Kehrseite von Glück. Jesu Botschaft weckt messianische Erwartungen von Glück und Freude. Beseitigt wurde er, weil so große Erwartungen an Glück nicht in diese Welt passen. Sie bringen zu viel Unruhe. Jesu Ende enthält die zweite Botschaft: Leiden ist ein Faktum, keine Strafe. Menschen meinen zwar, er trüge eine Strafe. Aber er war schuldlos wie Hiob, und das soll uns endgültig von dem Wahn befreien, dass Leiden an sich schon eine Strafe ist. Jesu Auferstehung enthält die dritte Botschaft: Leiden ist ein Faktum, aber kein Instrument in einem Plan. Wir sollten im Leiden Jesu nicht die Verwirklichung eines metaphysischen Plans zur Erlösung der Menschen sehen. Sinndeutungen von Leid sind immer nachträglich. Auch die Sinndeutungen des Todes Jesu wurden nachträglich gefunden. Sie sind unvermeidlich und enthalten eine große Weisheit. Aber keine darf die Entstehung von Leid rechtfertigen.
Gott erwies sich in der Auferstehung Jesu, als die Kraft, welche auch dem größten Leid nachträglich einen Sinn geben kann, dadurch, dass er neues Leben schafft. Jesu Tod und Auferstehung enthält vor allem die vierte Botschaft: Leiden ist ein Faktum, aber es trennt nicht von Gott, sondern bringt uns näher zu ihm. Mensch und Gott rücken im Leid zueinander. Das Seufzen der Kreatur ist das Seufzen des Geistes Gottes. Es ist Gottes eigene Klage. Gott hat die Welt so eingerichtet, dass aus Leiden nachträglich Gutes entstehen kann. Gottes Geist wirkt in den Menschen, die sich ihm öffnen, auch Leid akzeptieren und dieses integrieren lernen, so dass alle Dinge zum Guten mitwirken. das heißt uns näher zu Gott bringen, uns transformieren in das Wesen Christi.
Hiob (und auch Jesus) erhielten also keine Antwort auf ihre WARUM-Fragen und auch die Theodizeefragen bleiben unbeantwortet. Dennoch fanden beide Frieden und Trost. Jenseits der Warum-Fragen und jenseits der Theodizeefragen – weil es wichtigere Fragen gibt. z.B. die Frage: wer steht mir bei im Leid, teilt und trägt es mit mir… Jenseits aller Letztbegründungen, gibt es ein gutes Ziel ein WOZU. Dieses Ziel lindert Leiderleben, lässt es uns ertragen und stückweit auch überwinden.
Auszugsweise Überarbeitung einer Predigt von
Prof. Dr. Dr. h.c. mult Gerd Theißen
Martin Joss sagte:
Guten Tag
Die Theodizeefrage bedrängt mich schon seit längerer Zeit. Wenn man Gottes Verhalten gegenüber Hiob nüchtern betrachtet, macht es einem eher Angst denn dass es einen beruhigt. Gott lässt es zu, dass der Satan einen unschuldigen Menschen quält. Mehr noch: er lässt ihn für ein Experiment, dessen Ausgang er als Allmächtiger bereits kennt, Hiob’s Kinder umbringen. An Zynismus wohl kaum zu überbieten. Ist Gott allmächtig, trägt er die Verantwortung für alles, was auf Erden vorfällt. Er ist der Schöpfer des Guten und des Bösen. Eine Krebszelle, die ein kleines Kind vernichtet, ein Tsunami, der eine Viertelmillion Menschen umbringt… wahrlich nur 2 kleine Beispiele – wer wagt hier von Gott dem Allmächtigen zu reden, der die LIEBE sei? Hat es die Liebe nötig, sich solcher Massnahmen zu bedienen? Im Leid ist Gott mit uns? Was hilft das den Millionen ermordeten Menschen? Ach ja – im Paradies geht’s ihnen dann dafür gut. Weswegen lässt uns der Herr dann durch Tränen und Blut waten, wenn er fähig ist, ein Paradies ohne solches zu erschaffen? Will er uns hier prüfen? Muss man sich das Ticket für das Paradies erarbeiten? Merkwürdige Liebe…..
Freundliche Grüsse
LikeLike
ingod sagte:
Lieber Herr Joss,
vielen Dank für Ihre Gedanken zur Theodizeefrage.
Wenn Gott (nur) eine übersteigerte Projektion menschlicher Möglichkeiten ins unendliche wäre (d.h. eine Illusion, ein Götze), dann lägen Sie mit ihren Interpretationen, Bewertungen und Zweifeln an der Liebe Gottes womöglich richtig.
Doch die „Brille“ der Wahrnehmung welche Hiob aufhatte war offensichtlich eine andere. Hiob erhielt von Gott keine Antwort oder Erklärung auf die „ursächlichen Zusammenhänge“ seiner Leiden, sondern bekam etwas viel Besseres und Heilsameres angeboten: Gottes Fragen an Hiob luden ihn zu einem heilsamen Perspektivwechsel ein.
In der Folge erkennt Hiob, sein Zerrbild von Gott. Nicht nur Hiob’s belastete Beziehung zu und mit Gott, zu seinen Freunden und zu sich selbst ändert sich, sondern er wurde vielmehr ganzheitlich in seinen biopsychischen Gebrechen wiederhergestellt.
Gott begibt sich selbst mitten hinein in den Schmerz und Leid seiner Geschöpfe und Schöpfung. Die paradoxe Intervention Gottes durch Gegenfragen öffnete Hiob die Augen. Er nahm Gott mit anderen Augen wahr. Die veränderte Wahrnehmung veränderte Hiobs inneren und äußeren Zustand. Hiob ist der Prototyp der Resilienz. Eines „Stehaufmännchen“.
Hiob hatte kein epistomologisches, kein Erkenntnis-Problem, sondern ein Wahrnehmungsproblem. Er hörte Gottes Reden in seinem Herzen solange nicht, weil der Schmerz „in ihm“ alles Reden Gottes übertönte.
Das beobachtbare Phänomen in der Geschichte lautet: Leid trennt die Menschen in zwei unterschiedliche Wahrnehmungs-Lager. Die eine sieht Gott als Verursacher der Leiden nur weil er Leiderfahrungen möglich macht! Die andere sucht den Trost eines mitfühlenden Gottes, fühlt sich verstanden in ihrer Wut, ihrem Schmerz, ihrer Trauer – und erfährt Wiederherstellung und Erneuerung. Die Integration von Leiderfahrungen führt bei der zweiten Gruppe zu höherer Sensibilität, Empathiefähigkeit und Weisheit. Die erste Gruppe dagegen verbittert und entfremdet sich zusehends vom Leben und von Gott.
Gott entzieht sich grundsätzlich unserer interpolierenden Zweiwertlogik. Gott lässt sich so nicht wahrnehmen. Erst wenn wir offen sind für einen Gott, der sich selbst nicht scheut mit uns zu leiden und nicht nur eine Beobachterposition einnimmt, sondern der uns im Leid spürbar, mitfühlend nahe kommt, und wir fähig werden zu einer reflektierenden Mehrwertlogik, wird Leid und Schmerz reduziert.
Niemand kann beides zugleich haben: Recht haben wollen und einen barmherzigen Gott! Die Verantwortung selbst einen Unterschied zu machen, bzw. eine Entscheidung für sich zu treffen ist nicht delegierbar.
Das Theodizeeproblem wird nicht auf der zweiwertlogischen, sondern auf der mehrwertlogischen Beziehungsebene gelöst.
LikeLike
halo sagte:
hallo ,,,, sie haben gut gekontert
LikeLike
Joss sagte:
Guten Tag „Ingod“ – vielen Dank für Ihre Antwort. Sorry, dass ich fast 3 Jahre brauchte, um zu antworten:-)…. nein, hab mich erst jetzt wieder auf diese Seite begeben. Sie schreiben: Gott leidet MIT Hiob .. er käme Hiob nahe im Leid…. beim besten Willen kann ich nicht erkennen, wie er mit Hiob mitleidet… wie er Hiob nahe kommt? Können Sie mir ein konkretes Beispiel nennen, wo dem so geschieht? Gott redet einfach zu ihm – beantwortet seine Fragen in keinster Weise. Und, was nützt Ihnen ein Arzt, der Ihnen bei einer Erkältung sagt… ja, das kenn ich auch… ich leide auch darunter…. von einem Arzt möchten Sie doch ein Medikament gegen das Leid. Wenn ich Sie richtig verstehe, ist Gottes Medikament hier, dass er einfach mit Hiob redet. OK, wer kann von sich schon behaupten, dass der Allgütige persönlich mit ihm geredet hat…das ist schon beeindruckend……m.E: ist die Theodizeefrage in keinster Weise beantwortet.
Sie schreiben „Niemand kann beides zugleich haben: Recht haben wollen und einen barmherzigen Gott…… „. Nun, ich möchte einfach wissen, wieso es Leid gibt. Das hat nichts mit Recht haben wollen zu tun. Und diese Frage wird nicht beantwortet.
Beste Grüsse
LikeLike
ingod sagte:
Sehr geehrter Herr Joss,
vor einem Jahr stellten Sie erneut die Frage: „Wieso gibt es Leid?“
Ich möchte ihnen eine weitere kleine Denkanregung mitgeben jedoch keine erschöpfenden Antworten:
1.Falls sie nach der Funktion von „Leid“ fragen, dann kommen Sie auch selbst auf ein paar mögliche Antworten (die natürlich nicht erschöpfend sein müssen), dass die Existenz von „Leid“, nicht an sich nur gut oder nur schlecht sein kann, sondern immer nur in Relation zu einem bestimmten Kontext, sich ein „zuviel“ bzw. sogar ein „zuwenig“ von Leid in einer Situation in einem System als „gut“ bzw. „schlecht“ erweist.
Nehmen sie z.B. das Leib-System. Wären Sie geboren worden mit der Unfähigkeit Schmerzen zu empfinden, dann wäre dies lebensgefährlich für sie. (z.B. Analgesie als Gendefekt)
Oder nehmen Sie z.B. das Psychische System. Wären Sie unfähig zu fühlen oder die bunten Farben der Emotionen wahr zu nehmen, dann würden Sie darunter noch mehr leiden. (z.B. Alexithymie)
Oder nehmen Sie z.B. soziale Systeme wie z.B. Ihre eigene Familie. Wären die Teilnehmer in diesem System unfähig Leid wahr zu nehmen, das einem Familienmitglied durch ein anderes oder auch von Außen zugefügt wird, würde dies das System zerstören.
Die Möglichkeit Leid überhaupt wahrzunehmen, hat offensichtlich bis eine Schutzfunktion.
2.Falls sie nach den unterschiedlichen Formen von „Leid“ fragen, dann können sie sich fragen wieso es darin überhaupt Unterschiede gibt, bzw. wozu diese Unterschiede gut sein können. Schmerz ist z.B. eine bestimmte Form von Leiderfahrung. Liebesentzug wäre eine andere. Und auch hier spielt die Relation in einem konkreten Kontext, sowie die Intensität der Schmerzwahrnehmung eine wichtige Rolle in der Bewertung als notwendig, bzw. gut oder als schädlich, bzw. schlecht.
3. Die begriffliche Definition von Leid ist das Leid eine vielfältige Grunderfahrung eines jeden Menschen darstellt. Erfahrungen körperlicher, psychischer oder sozialer Belastungen haben in der Menschheitsgeschichte immer zu unterschiedlichen Reaktionsweisen geführt. So könnten Sie z.B.: weiterfragen: Wie sind andere Menschen mit ihren Leiderfahrungen umgegangen? Wie haben sie diese bewältigt, bzw. was haben sie daraus gemacht? Wieso sind unzählige Menschen erst durch ihre Leiderfahrungen zu aussergewöhnlichen künstlerischen, gesellschaftlichen, technischen Leistungen, Erfindungen und Engagements inspiriert und befähigt worden?
Sie sehen also. Wenn Sie weiter und tiefer fragen, mehren sich auch die Antwortmöglichkeiten. Bitte machen sie weiter und hören Sie nicht auf.
Viele Grüße und alles Gute Herr Joss
LikeLike
Otto sagte:
Die Theodizeefrage mag angesichts eigenen Leidens in o. g. Sinne nicht so wichtig sein.
Doch angesichts des Leidens anderer, und zwar wirklich entsetzlichen Leidens (Kinder, die in rituellen satanischen Sitzungen gefoltert werden zum Beispiel) stellt sich doch die Frage:
Ein Mensch, der das verhindern könnte würde es tun. Und Gott, allmächtig, allgegenwärtig und barmherzig? Würde es dem Kinde nützen, wenn wir sagen, Jesus hat auch die Gottesferne am Kreuz gemerkt und nicht beantowrtet bekommen?
Auch der Verweis auf das Ewige Leben hilft da nicht wirklich. Denn ein glückliches Leben wäre auch ohne solche Folter möglich.
Da bleiben die Fragen unbeantwortet stehen?
LikeLike
RALF Lawrence RUETH sagte:
Lesen Sie Hans Jonas „Der Gottesbegriff nach Auschwitz“ . Jonas (verstorb. jüdischer Religionsphilosoph) ist der Überzeugung, dass wir angesichts des Holocausts, Millionenfach Hiob, das traditionelle jüdisch-christliche Gottesbild nicht mehr halten können: einen verstehbaren, allwissenden, liebenden und allmächtigen Gott. Die Allmacht Gottes ist schon bei Hiob ad absurdum geführt, geschweige denn durch Auschwitz. Wir müssen uns trennen von der Vorstellung eines allmächtigen Gottes.- Wie antwortet er dem Hiob? Auf dessen Fragen überhaupt nicht. Stattdessen schildert er in beiden Gottesreden die Schöpfung, das Ereignis, als er „All in“ geht!
Er antwortet dem Hiob nicht, weil er nicht will, sondern weil er nicht kann. Alle seine Potenz hat er in Schöpfung gesteckt. In Jesus von Nazareth zeigt er unüberbietbar seine Liebe zur Schöpfung, zum Menschen- er hängt am Holz und leidet mit!
Die frohe Botschaft des Alten Testaments lautet: Alle meine Hoffnungen setze ich auf euch, ich vertraue darauf, dass ihr der Verantwortung für die Schöpfung gerecht werdet, das Evangelium des Neuen Testaments ist die Zusicherung, dass Gott, Jesus und der Heilige Geist uns dabei als Freunde begleiten.
Nicht im Sinne einer Prädestination dürfen wir unsererseits angesichts eines solchen Vertrauensvorschusses, das der Schöpfergott uns entgegengebracht hat, darauf vertrauen, dass die Schöpfung auf Erfolg hin angelegt ist. Bei solcher Unterstützung können wir getrost sagen „Wir schaffen das!“
Ralf L. Rüth
LikeLike
ingod sagte:
Danke für Ihren konstruktiven Kommentar RALF Lawrence RUETH.
Die Theodizeefrage ist mit der Anthropodizeefrage verknüpft. Hans Jonas „Prinzip Verantwortung“ und sein Beitrag zur Theodizeefrage nach Auschwitz, wonach die Idee der Allmacht Gottes aufgegeben wird, ähnelt ihrerseits der Argumentation der Vertreter eines „offenen Theismus“*, wonach auch die Idee der Allwissenheit Gottes (Prädestionation) aufgegeben wird. Gott kann nur dadurch, die Zukunft offen halten, indem er dem Menschen, wie sie sagen, einen „Vertrauensvorschuss“ überträgt, wodurch der Mensch Mitverantwortung für das Schöpfungsgeschehen, wie auch „Erschöpfungsgeschehen“ (menschlicher Zerstörungskraft gegenüber planetarer Schöpfungsvielfalt) erhält. Im Zeitalter des Anthropozän, wird dies überdeutlich. Dem „Prinzip Hoffnung“ stimme ich gerne zu.
*Offener Theismus (englisch: open theism): es gibt einen liebenden Gott, der aber die Entscheidungsfreiheit der Menschen respektiert und somit ein „Risiko“ eingeht, indem er seine Allmacht und Allgegenwart einschränkt und Kontrolle und Vorhersehbarkeit des menschlichen Handelns aufgibt. (Quelle: Wikipedia)
LikeLike