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Quelle: http://www.kunstnet.de/werk/183168-dr-hannibal-lecter
Was macht Menschen böse? „Das Böse“ ist schwer greifbar und beherrscht eine unvorstellbare Palette der Destruktivität! Wir können uns nur schwer davor schützen. Schließlich gibt es auch in uns genügend Anteile, welche uns belasten. Vor allem, wenn wir unser Gewissen nicht schärfen, sondern es betäuben und so zu Co-Abhängigen werden. (Beispiel: Die Banalität des Bösen zeigte sich in tausenden willigen Helfern und Vollstreckern im Holocaustwahn des „dritten Reiches“). Unreifer Umgang mit der Anfälligkeit für das Böse in sich selbst, verhindert dass wir fähig werden für eigenverantwortliche Selbstsorge.
Eine besondere Rolle auf der „Bühne des Bösen“ im Zusammenleben mit anderen spielen sogenannte „Psychopathen„. In der Forensischen Psychologie und Psychiatrie wird damit eine schwere Form der dissozialen/antisozialen Persönlichkeitsstörung bezeichnet, die in ihrer Ausprägung die genannte Persönlichkeitsstörung übertrifft. In den Klassifikationssystemen DSM-IV und ICD 10 ist die Diagnose nicht aufgenommen!
Den typischen „Psychopathen“ gibt es also nicht. Jeder ist ein Unikat. Behandelbare Formen finden sich der ICD-10 unter F60 in der Kategorie „Persönlichkeitsstörungen“.
Die Komplexität wird vollends unüberschaubar, wenn es darum geht die multifaktoriell und systemisch wirkenden biopsychosozialen Bestandteile und deren Zusammenhänge zu berücksichtigen. Und deshalb meine These gleich vorweg:
Jeder Mensch benötigt auch den persönlichen Schutz Gottes, um sich wegen seiner individuellen Anfälligkeit für das Böse in sich und der äußeren Belastung durch das Böse angemessen schützen zu lernen!
Ach Gott, daß du den Gottlosen tötetest und die Blutgierigen von mir weichen müßten! … Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich es meine; und siehe, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege!
Psalm 139,19.23-24
Alle Persönlichkeitsstörungen wirken beziehungsbelastend. Folgende Typen will ich herausstellen in Häufigkeit und geschlechtlicher Verteilung:
Typ 2 Dissoziale Persönlichkeitsstörung , bis 5%; m > w (Männer > Frauen)
Typ 3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (Borderline); ca. 2%; w > m
Typ 4 Histrionische Persönlichkeitsstörung ; 2-3%; w > m
Typ 8 Narzisstische Persönlichkeitsstörng < 1%; m > w (besonders gefährdet)
Ätiologisch kommen die Erklärungsmodelle aus der Neurobiologie, Psychologie und Soziologie in Frage. Eine psychotherapeutische Behandlung ist schwierig, (die Betroffenen spüren ja selbst keinen Leidensdruck). In einer Therapie geht es deshalb vorrangig auch nicht um „Heilung“, sondern bestenfalls um eine zufriedenstellende Lebensführung. In schweren Fällen, wie bei den Psychopathen, bleibt wohl nur eine Isolation, bzw. bei Straffälligkeit eine Sicherheitsverwahrung wegen Wiederholungsrisiko.
In ARTE gab es am 2.8.12 eine einmalige, lehrreiche, sehenswerte 80min. Doku über einen narzistischen Psychopathen extremer Kategorie:
Teil 1 von 9:
(Die anderen Teile sind ebenfalls auf youtube über den uploader verfügbar)
Oder in der kompletten Version:
Der Film zeigt wie wichtig die Prüfung der Wirkung von Menschen in Führungspositionen, angefangen bei den Eltern, über die Chefs in der Arbeit bis hin zu Politikern und geistlichen Leitern auf sich selbst ist.
Im Informationstext heißt es:
„Ich bin ein Psychopath“, behauptet Sam Vaknin von sich selbst. Aber ein schlechter Mensch ist er in seinen Augen nicht. Es interessiert ihn bloß nichts – außer es geht um ihn selbst. Er hat wie viele Psychopathen mit Charme und großer Manipulationskraft einige Menschenleben aus dem Gleis geworfen. Und er hat die Extreme einer sozial überaus unverträglichen Existenz durchlebt, die erfolgreichen Seiten und die Abgründe des zerstörerischen Wesens am eigenen Körper erfahren sowie seine Mitmenschen erfahren lassen. … Die Reise führt tief hinein in das Denken und Fühlen eines Psychopathen. … Experten gehen davon aus, dass ein Prozent der Menschen als Psychopathen bezeichnet werden müssen. In bestimmten Berufsgruppen jedoch liegt der Anteil wesentlich darüber. „Sie stehen nicht im Fokus der Wissenschaftler, aber auch nicht unseres sozialen Systems, weil sie eben nicht kriminell werden„, so der Tübinger Neurobiologe Niels Birbaumer. „Sie sind nicht gewalttätig und deshalb kennen wir sie nicht. Der Schaden, den sie aber in unserer Gesellschaft anrichten, ist immens. Bisher wurde er nie wirklich untersucht.“ Neben der Diagnosegeschichte des Filmes entwickelt sich ein zweites, ungeahntes Drama. Trotz langer Vorbereitungsphase ahnt Filmemacher Ian Walker nicht, welcher Gefahr er sich während der Dreharbeiten aussetzt. „Einen Film mit einem Psychopathen zu drehen, ist ein bisschen so, wie eine Schlange mit dem Stock zu reizen“, das wird Walker schnell deutlich, als er selbst zu einem Opfer wird. Der weltweit renommierte Forscher auf dem Gebiet der Psychopathie, Prof. Dr. Robert D. Hare, bezweifelt, ob man sich als normal fühlender und handelnder Mensch überhaupt gänzlich vor der destruktiven und sehr subtil zerstörerischen Kraft der Psychopathen schützen kann.“ (Australien, Deutschland, 2009, 83mn)
Dieses wissenschaftlich experimentelle Lehrstück, hat großes Aufklärungspotential. Es zeigt mehrdimensional wie bösartig-destruktiv und damit gefährlich und manipulativ Psychopathen auf “Otto Normalverbraucher” wirken.
Jeder “durchschnittliche” Mensch ist ihnen unterlegen. Aufgrund ihrer Unfähigkeit zur emotionalen Empathiefähigkeit, und aufgrund ihrer mangelnden eigenen Körperwahrnehmung nehmen sie als Menschen „ohne eigenen Körper“ nur „im Kopf“ sehr scharf die persönlichen Schwächen ihrer Mitmenschen wahr, um diese für ihre egomanischen Zwecke schonungslos und gewissenlos zu mißbrauchen und auszunutzen.
Sie spielen bewusst mit den Gefühlen anderer Menschen, denn es geht ihnen um Macht. Das ist ihr Aphrodisiakum. Das Bild einer Katze, welche mit dem Leben einer Maus spielt ist treffend. Die Maus hat keine Chance. Psychopathen leben von der Angst und der Emotionalität anderer und rauben deren Lebensenergie. Sie erkennen zielsicher unsichere Persönlichkeiten als potentielle Opfer und investieren ihre Energie um auf deren Kosten, parasitär zu leben. Schwer persönlichkeitsgestörte Menschen provozieren Konflikte und beherrschen das Spiel mit den Emotionen anderer perfekt. Schaden leidet in jedem Fall der emotional empathische Mensch.
Ihr Charisma und ihre Stärke kann gerade diejenigen anziehen, welche eben selbst sensibel auf den Schmerz und das Leid anderer reagieren. Dann bewundern sie vielleicht gerade, die rationale Distanzierungsfähigkeit und scheinbare Abgeklärtheit, welche sie für sich selbst auch wünschen.
Psychopathen nach menschlichen Maßstäben zu messen und einzuordnen ist m.E. unsinnig. Da hilft nur Distanz, Abbruch des Kontaktes, bzw. bei Nachweis von Straffälligkeit die konsequente Strafverfolgung.
Fazit: Es lohnt für die Selbstsorge nach innen kritisch und nach außen offen zu bleiben. Selbst emotional empathisch werden und leben lernen, ist unabdingbar, wenn Menschlichkeit und Mitgefühl in nachfolgende Generationen überdauern soll!
Wenn jedoch die Verletzlichkeit des Vertrauens emotional empathische Menschen von Psychopathen missbraucht wird, muss das Vertrauen aus Gründen des Selbstschutzes entzogen werden. Ggf. mit Hilfe professioneller Unterstützung.
Wenn allerdings Psychopathen an große Machtpositionen vordringen, dann hilft nur noch Gebet und angemessener Widerstand.
Weiterführende Literatur:
1) Die Masken der Niedertracht: Seelische Gewalt im Alltag und wie man sich dagegen wehren kann von Marie-France Hirigoyen
3) Gewissenlos. Die Psychopathen unter uns von Robert D. Hare
4) Der Soziopath von nebenan. Die Skrupellosen: ihre Lügen, Taktiken und Tricks von Martha Stout
5) Das ganz normale Böse: Warum Menschen morden von Reinhard Haller
6) Psychopathen in Machtpositionen – Die unterschätze Gefahr
Linksammlung:
Der Gerichtspsychiater Reinhard Haller zur Selbstberauschung von Narzisten in der Chefetage
Sehr informative Seite über Narzissmus bei Frauen: Töchter narzisstischer Mütter
englische NGO: Psychopathie überleben
Information und Hilfe bei Psychoterror und Mobbing
Blog gegen psychologische Irrtümer
Talksendung: „Beckmann“ vom 1.11.12
„Die Natur des Bösen – kann jeder Mensch zum Mörder werden“
Lieber Ingo,
sagenhaft ansprechender Artikel!
Darf ich ihn auf meinem Blog auch bringen als Fortsetzung der beiden anderne, die sich mit dem Thema schon befassen?
Ich werde Deinen Blog bei mir auch in die Roll nehmen.
Liebe Grüße
Martin
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Hallo Martin,
schön, dass Du mal vorbei schaust. Du kannst den Artikel gern auf Deinem Blog verwenden. Leider ist die Doku auf ARTE nicht mehr verfügbar. Ich hab zwar eine Privataufnahme für mich gemacht. Aber die kann ich ja wohl nicht so ohne weiteres ins Netz stellen ;-(.
Liebe Grüße
Ingo
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Danke. Und ja, da hast Du wohl Recht mit dem Film. Schade eigentlich, muss dann auch so gehen.
Liebe Grüße, Martin
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Sehr gut auf den Punkt gebracht. Die Psychopathen haben oftmals etwas sehr „Nettes“, sie schmeicheln sich ein und dann fangen dann an immer mehr Zugriff auf das Leben der Anderen zu nehmen. Pflege hier stets das Beispiel aus der Psychiatrie zu nehmen: Verrückte gehen NIE auf Verrückte los, sie greifen die Normalen, sprich Gesunden, an.
M.E. liegt die Rate der Psychopathen viel höher aufgrund der Dunkelziffer.
Beste Grüße
Claudia
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Lieber Ingo,
ich habe Deinen Artikel gelesen und kann ihn zu 100% bestätigen, da ich an einen Psychopathen geraten bin. Inzwischen bin ich auf dem Weg der Besserung. Sich von dem Schaden, in finanzieller und emotionaler Hinsicht zu erholen, dauert Jahre.
Herzliche Grüße
Petra
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Liebe Petra,
das Du finanziellen und emotionalen Schaden erlitten hast, tut mir Leid für Dich. Ich wünsch Dir alles Gute, hilfreiche Begleitung und Gottes Segen, auf dem Weg zur vollständigen Heilung und Freiheit. Deine Erfahrungen mögen Dich sensibilisieren, schützen und helfen die Menschen zu erkennen, welche Dir wirklich gut tun.
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Lieber Ingo,
ganz, ganz lieben Dank. Meine Erfahrungen auch zum Thema Narzissmus haben mich tatsächlich sehr sensibilitiert.Sehr zu empfehlen auch das Buch “ Emotionale Erpressung“, von Susan Forward. Hat mir persönlich sehr geholfen.
Liebe Grüße
Petra
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Hallo Ingo,
toller Artikel bis auf ein „Manko“- manchmal will man sich vielleicht komplett von dem Psychopathen trennen und hat dies emotional sogar fast geschafft nur ist es kaum möglich wenn man mit dieser Person verwandt ist und ihr dadurch zwangsläufig wieder und wieder über den Weg laufen muss…Und man will ja nun auch nicht gleich sein ganzes Umfeld verlieren. Es ist daher möglich sich emotional zu lösen, den Kontakt weit möglich abzubrechen, dennoch setzt man sich gegen seinen Willen wiederholt Demütigungen aus, denn ein Psychopath wird niemals aufhören und seinen Druck nur erhöhen je mehr sich das Opfer zu distanzieren versucht!
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Liebe Juliane,
verstehe, dass es Dir – aufgrund verwandtschaftlicher Verpflichtungen – nicht möglich ist Psychopathen völlig aus dem Weg zu gehen. Es kommt ja auch auf den Einzelfall an. Dennoch ist es auch Dir möglich kreativ damit umzugehen und zu lernen nicht völlig hilflos ausgeliefert zu sein! Welche bisher nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten stehen Dir zur Verfügung um Deine emotionale Distanz aufrecht zu erhalten? Zu wissen, dass Du im Worst-Case-Fall die Freiheit hast, bei gesetzwidriger „Demütigungen“ und „Druck“ jederzeit rechtlichen Beistand, Schutz und Hilfe in Anspruch zu nehmen, nimmt den allergrößten Druck. Kompetente Begleitung und Unterstützung kann Dir helfen den ungenutzten Möglichkeiten nachzuspüren, sie einzuüben, und Deine emotionale Selbstwirksamkeit zu stärken. Als Erwachsene steht es Dir frei Dich auf die „erforderlichen“ Kontakte vorzubereiten und sie so zu planen. bzw. sie auf das allernotwendigste Maß zu beschränken. Die Zusammentreffen könntest Du möglichst in den öffentlichen Raum verlagern, bzw. nicht allein, sondern in Begleitung verständnisvoller Freunde und Freundinnen. Das wichtigste jedoch ist es zu lernen „bei sich“ und seinen eigenen Möglichkeiten zu bleiben, um sein emotionales Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, wenn man sich „über den Weg lauft“. Je besser Dir das gelingt, desto eher verlieren Psychopathen das Interesse an Dir als potentiellem Opfer. Da Psychopathen emotionale Empathie und Selbstempathie fehlt, „nähren“ sie sich von den Emotionen anderer. Je besser Du Dich innerlich abgrenzen lernst, desto weniger Kraft können sie Dir rauben. Alles Gute!
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Gibt es in München Hilfe für Opfer von Psychopathen
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Hallo Markus,
Herzlichen Dank für Deine Anfrage.
Im Akutfall, kannst Du Dich jederzeit an die „Deutsche OPFERHILFE e. V.“ wenden,
(Opfer-Notruf 069-65 300 399,) http://www.deutsche-opferhilfe.de – wenn es Dir nicht mehr selbst gelingt ausreichende Distanz zum Psychopathen herzustellen.
Als Systemiker empfehle ich Dir, bei grundsätzlich „erhöhter Anfälligkeit“ Opfer zu werden, Deine Anliegen, Bedarfe, konkreten Ziele und Lösungswünsche in einer systemische Beratung, bzw. falls erforderlich in einer systemischen Therapie zu klären bzw. zu finden.
Mögliche Ziele könnten sein, das eigene „Selbst(wert)gefühl“ zu stabilisieren, Grenzen setzen lernen um den eigenen Wert und die Würde zu schützen. Handlungskompetenzen erlernen um Resilienz (Widerstandsfähigkeit) zu trainieren.
Leider kann ich Dir keine Empfehlung für München geben. Aber Adressen von systemisch arbeitenden Psychotherapeuten gibt es genug. Du kannst mich auch anrufen um zu klären was Du brauchst.
Bei besonders schweren Fällen von Mobbing bzw. Missbrauch kann auch eine strafrechtliche Beratung hilfreich sein.
Ohnehin empfehle ich die dezidierte Erstellung einer Liste des konkreten antisozialen Handelns (mit Ort, Datum, Uhrzeit,) des Psychopathen zu erstellen. Dies ist zur Klärung dessen was Du brauchst und auch für alle späteren Schritte hilfreich.
Wünsch Dir alles Gute und Erfolg in der Wiederherstellung Deiner Selbst.
Liebe Grüße
Ingo D.
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